Entozentrische Objektive
Entozentrische Objektive sind die uns am meisten gebräuchlichen Objektiv-Typen. Festbrennweiten, aber auch Zoomobjektive beruhen auf diesem optischen Prinzip und entsprechen der menschlichen Perspektive. Ein entozentrisches Normalobjektiv weist einen festen Öffnungswinkel der Optik zum Objekt, wie zum Sensor hin auf. Bei entozentrischen Zoom-Objektiven sind die Öffnungswinkel variabel.
Objektive mit ähnlichem Öffnungswinkel wie das menschliche Auge werden als Normalobjektive bezeichnet. Sie haben einen Öffnungswinkel von ca. 50 Grad, die Sensordiagonale entspricht dabei näherungsweise der Brennweite. Anhand des Öffnungswinkels können die Objektive in verschiedene Klassen eingeteilt werden:
Charakteristische Eigenschaften entozentrischer Objektive
Gleich große Objekte, die sich näher an der optischen Mitte (und damit auch näher an der Kamera) befinden, werden größer abgebildet. Sind sie weiter entfernt, werden sie verkleinert dargestellt.
Auf diese Weise lässt sich auch bei Festbrennweiten recht gut der zu erfassende Objektbereich justieren: Bei zunehmendem Arbeitsabstand wird der Bildausschnitt größer, bei Verkürzung der Distanz kleiner.
Der Arbeitsabstand kann solange verringert werden, bis die vom Hersteller angegebene minimale Objektdistanz (MOD) erreicht wird. Mit Hilfe von Zwischenringen lässt sich diese noch weiter unterschreiten, allerdings nimmt der Anwender dabei eine Zunahme von optischen Bildfehlern in Kauf.
Dieser Effekt kann bei weitwinkligen Objektiven sehr störend wirken, dass in der Bildmitte senkrecht auf das Objekt geblickt wird, zum Bildrand zunehmend immer schräger in das Teil hinein.
Eine sinnvolle Messung ist auf solchen Bildern nicht mehr zu gewährleisten, vor allem wenn die Teile nicht exakt zugeführt werden können. Auf diese Art kann jedoch auch mit Fisheye-Objektiven eine Bohrung innen oder die Seitenwände eines Teils inspiziert werden. Dazu sind jedoch extreme Brennweiten und sehr kurze Arbeitsabstände nötig.
25mm Brennweite
6mm Brennweite
Mit zunehmendem Öffnungswinkel (oder kleiner werdender Brennweite) nimmt auch typischerweise die geometrische Verzeichnung zu. Dies wird durch die Abbildung eines halbkugelförmigen optischen Raumes in der flachen zweidimensionalen Ebene des Kamerasensors verursacht.
Teure Linsenkonstruktionen mit asphärischen Linsenelementen können diesen Effekt der Bildfeldwölbung reduzieren.
Ebenfalls Probleme können Mikrolinsen auf modernen Sensoren verursachen, wenn der Hauptstrahlwinkel der Optik sensorseitig zu groß wird. Dies kann dann zu Abschattungen an den Bildrändern führen, da am Sensorrand die Lichtstrahlen schräg auf den Sensor (Mikrolinsen) treffen.
Typische Verwendungszwecke entozentrischer Objektive
Entozentrische Normalobjektive werden eingesetzt für die meisten Anwendungsgebiete, wie Anwesenheits- und Bestückungskontrollen, Pick-& Place-Applikationen, Druckbildinspektionen, Farbapplikationen, OCR und Barcode lesen.
Eher ungeeignet sind entozentrische Objektive außer für Vermessungsaufgaben und das Inspizieren sehr kleiner Bildbereiche (Makro- und Mikroskop-Optiken). Dazu werden entweder telezentrische Objektive oder Makro-Optiken verwendet. Sollten trotzdem einfache Vermessungsaufgaben mit nicht-telezentrischen Objektiven realisiert werden, ist also generell zu empfehlen, eher langbrennweitige Objektive einzusetzen und den Arbeitsabstand zu vergrößern. Eine absolut Strahlengang-parallele Perspektive ohne die obig beschriebenen Effekte bieten nur telezentrische Objektive.
Einstellmöglichkeiten am Objektiv
Mit Ausnahme extremer Weitwinkel- und Fisheyeobjektive haben entozentrische Objektive in der Regel immer zwei Einstellmöglichkeiten.
- Mit Hilfe des Blendenrings kann die gewünschte Blendenöffnung eingestellt, und damit Bildhelligkeit und Schärfentiefe aber auch die Kompensation von optischen Bildfehlern beeinflusst werden.
- Der Fokusring dient zum Scharfstellen des Bildes. Ein korrektes Fokussieren gelingt bis zur minimalen Objektdistanz (MOD), die vom Hersteller festgelegt wurde.
Weitere Informationen finden Sie im Kapitel "Optische Grundlagen", hilfreiche Online-Assistenten zur Berechnung der benötigten Brennweite, Arbeitsabstände, Öffnungswinkel etc. finden Sie im Menü "Service" dieser Homepage.
Wichtig für die Industrielle Bildverarbeitung
- Achten Sie auf eine hohe optische Qualität Ihrer Objektive. Sie sollten geeignet sein, feine Strukturen auf dem Sensor ablichten zu können. Dabei entscheidend ist vor allem die Pixelgröße des Kamerasensors. Je kleiner die Pixel sind, desto höher auflösend muss die Optik sein!
- Apochromatisch korrigierte Objektive sind besonders für Farbanwendungen und/ oder Beleuchtung mit weißem Licht geeignet (Vermeidung chromatische Aberration). Auch für IR / oder UV-Anwendungen gibt es speziell korrigierte Objektive, deren Lens Design und Entspiegelungsschichten (spektrale Transmission) auf bestimmte Wellenlängen abgestimmt wurde.
- Absolute Pflicht in industriellen Anwendungen sind Objektive mit Feststellschrauben, die ein versehentliches Verstellen der Optik vermeiden.
- Ein Einschraub-Filtergewinde an der Vorderseite des Objektivs sollte prinzipiell vorhanden sein. So können leicht Polfilter, Farbfilter etc. montiert werden, um Störeinflüsse zu unterdrücken. Ausnahmen sind oftmals extreme Superweitwinkel- und Fisheye-Objektive mit stark gewölbten Frontlinsen, bei denen eine Filtermontage meistens nicht möglich ist.