Wechselwirkungen an der Oberfläche
Je nach Material und dessen Materialoberfläche treten bei Lichteinfall eine Vielzahl von Effekten an der Oberfläche auf. Das auftreffende Licht wird zum Teil absorbiert, ein Teil wird reflektiert und je nach Materialoberfläche auch gestreut. Licht kann auch erst absorbiert und dann wieder (r)emittiert werden. Man spricht dann von Remission. Bei opaken, halbdurchlässigen oder lichtdurchlässigen Materialien kann das Licht auch durch den Körper durchdringen (Transmission). In einigen Fällen wird das Licht an der Oberfläche sogar polarisiert oder gebeugt. Manche Objekte können sogar Licht emittieren (beleuchtete Anzeigen, LED-Segmente, Displays), in einer anderen Lichtfarbe fluoreszieren oder phosphoriszieren (nachleuchten).
In der Regel tritt niemals einer dieser Effekte alleine auf, sondern es ist immer eine Kombination mehrerer Effekte. Allerdings ist die Gewichtungen der einzelnen Anteile von Reflexion, Streuung, Absorption, Remission, Transmission und Absorption stark abhängig von den Material- und Oberflächen-Eigenschaften:
Einfluss der Wellenlänge des Lichts auf Oberflächen
Je kurzwelliger die verwendete Wellenlänge des Lichts (Blau oder UV-Strahlung), desto höher ist der Anteil des Streulichts an der Oberfläche, Absorption, Remission und Transmission nehmen ab. Oberflächen-Fehler werden deutlicher sichtbar. Je langwelliger das Licht ist (rotes Licht oder IR-Strahlung) , desto eher wird das Material durchdrungen und beobachtbare Oberflächen-Phänomene im Kamerabild nehmen ab. Ein Blick unter die Oberfläche oder das Durchleuchten des Körpers ist möglich.
Licht-Wechelwirkungen verschiedener Werkstoffe
- Metalle reflektieren extrem das einfallende Licht. Beleuchtet man senkrecht mit direkten Lichtquellen, spiegelt sich oftmals der Beleuchtungskörper. Hier hilft evtl. ein Verkippen des Objekts, der Beleuchtung oder der Kamera. Sind Metalle gebürstet, mattiert oder sandgestrahlt, streuen sie sehr viel Licht an der Oberfläche und die optische Prüfung vereinfacht sich stark. Vorsicht bei sehr fein bearbeiteten metallischen Oberflächen in Kreisform (Drehteile etc.). Das Licht zeigt möglicherweise einen "Propeller-Effekt" an der ebenen Oberfläche, der durch Interferenzen des Lichts erzeugt wird. Metalle müssen meistens mit diffusen Beleuchtungen illuminiert werden. Ebene und glatte Flächen eignen sich für den Einsatz von Koaxialbeleuchtungen, gewölbte und stark texturierte Oberflächen müssen durch extrem diffus leuchtende Dombeleuchtungen illuminiert werden. Zwei Metalle des Periodensystems und auch einige Legierungen sind farbig. So können Gold und goldfarbige Objekte (z.B.) Messing mit Hilfe von blauem Licht dunkler erscheinen. Kupfer kann mit grünem oder blauem Licht nach dem Prinzip der subtraktiven Farbmischung verdunkelt werden. Metalle können im Auflicht mit Hilfe von können mit Polarisationsfiltern verdunkelt werden.
- Kunststoffe und Folien sind meistens eingefärbt und streuen und reflektieren je nach Oberflächentextur das Licht stärker oder weniger. Glanzreflexe können mit Polarisationsfiltern unterdrückt werden. Kunststoffe können auch opak (halbtransparent) sein und Licht sehr gut streuen. Je kurzwelliger das verwendete Licht ist, desto mehr wird das Licht am halbtransparentem Körper gestreut und absorbiert, langwelliges Licht transmittiert eher (siehe Durchlichtbeleuchtung und IR-Beleuchtung). Vollständig transparente Kunststoffe lassen den Großteil des Lichts durch, evtl. kann mit Techniken der Spannungsoptik mit Hilfe der Polarisation das Objekt verdunkelt werden. Auch kollimiertes (parallel strahlendes) Licht kann evtl. im Durchlicht zusätzliche Kontraste erzeugen.
- Glas: Das Prüfen von Flachglas geschieht oftmals im Durchlicht und erzeugt nur recht geringe Kontraste. Sehr kurzwelliges Licht kann hier bei der Inspektion etwas helfen. Eventuell kann hier im Glanzwinkel mit großflächig diffusen Leuchtflächen die helle Spiegelung der Leuchtfläche im Glas selber geprüft werden, um Fehler zu finden. Andere Inspektionstechniken basieren auf seitlicher Lichteinkopplung ins Glas an einer glatten Kante. Das Glas wirkt nun als Lichtleiter, an Fehlstellen, Blasen etc. wird das Licht stark gestreut und die Fehlstelle im Kamerabild wird dunkel. Glas ist ein schwieriges Prüfobjekt.
- Spiegelglas: Selbst ein optisch hochwertiger Spiegel reflektiert nur etwa 95% des einfallenden Lichts, weitere Teile werden an der Oberfläche gestreut und absorbiert. Oberflächen können mit großflächig diffusen Leuchtflächen illuminiert werden, man prüft dann das Abbild der Beleuchtung als Spiegelbild. Oberflächenformen von gewölbten Spiegeln etc. lassen sich durch Prüfen von darüber angebrachten Bildern (Punktemuster, Gitter, Streifen auf hellem Hintergrund) und Inspektion des Spiegelbildes erzielen.
- Keramik: Diese Werkstoffe zeichnen sich oft durch leicht poröse Strukturen aus, die von leicht durchscheinend, weiß bis schwarz alle Farben einnehmen können, wenn sie eingefärbt wurden. Dünne leicht durchscheinende Keramiken transmittieren Licht, absorbieren und streuen große Anteile des Lichts. Dadurch sind kaum Reflexe an der Oberfläche zu erwarten, allerdings sind Rissprüfungen, Finden von Fehlstellen mit Dunkelfeld-Beleuchtung teilweise schwierig, weil viel Licht remittiert wird.
- Papier, Kartonagen, Holz: Matte Papiere und Kartonagen streuen sehr gut Licht an der Oberfläche bedingt durch die feinen Zellulosefasern, die in alle Raumrichtungen verteilt sind. Helle Papiere zeigen einen hohen Reflexions- und Remissions-Anteil, sind sie sehr dünn, transmittieren sie auch entsprechend das Licht. Die Bedruckung auf der Rückseite kann dann eventuell störend wirken. Glänzende Papiere spiegeln durch die Lackschicht an der Oberfläche sehr viel Licht. Hier hilft nur ein Verkippen der direkten Beleuchtung, des Körpers oder der Kamera, um nicht im Glanzwinkel zu inspizieren. Möglicherweise helfen auch Polarisationsfilter, bei stark glänzenden Papieren setzt man auch diffuse Beleuchtungen ein. Holz zeigt einen sehr hohen Anteil an Lichtstreuung, so dass Oberflächen-Inspektionen meist problemlos sind. Will man einen Blick tiefer in organische Materialien wie Holz (oder auch Obst, Gemüse) werfen, wird oftmals mit infrarotem Licht inspiziert. Das Licht reflektiert und streut weniger und dringt ins Material ein, um dort Fehlstellen sichtbar zu machen.