Grundlagen Zeilenkameras
Für den Einsatz von Zeilenkameras gibt es eine Vielzahl an Gründen:
- Als nahtloses Aufnahmeverfahren eignet es sich ideal zum Prüfen von längeren Objekten und Endlosmaterialien. Lange Platinen-Nutzen, Flat Panels oder elektronische Baugruppen, oder Materialien wie Glas, Papier, Holz, Stoff oder Stahl lassen sich hochauflösend ohne Unterbrechung prüfen (web inspection). Oberflächenfehler-Inspektion und Druckbildprüfungen sind die typische Applikationen. Aber auch im Dokumenten- und Film-Scanning sowie in der Postsortierung (OCR, Code lesen) werden Zeilenkameras verwendet.
- Zur Inspektion von runden Körpern ohne perspektivische Verzerrung. Dazu muss allerdings das das Bauteil gedreht werden. Auf diese Art kann eine echte 360-Grad-Oberflächen- oder Druckbildinspektion erreicht werden.
- Auch das Preis-/Leistungs-Verhältnis spricht für den Einsatz von Zeilenkameras, wenn besonders hohe Auflösungen benötigt werden. Die Auflösungen reichen bis 16384 Pixel in X-Richtung, in Transport-Richtung ist die Auflösung (fast) beliebig.
Flächenkamera
Zeilenkamera
Bild-Aufnahme Zeilenkamera
Die Kamera nimmt immer nur eine einzige Bildzeile in schneller Abfolge auf. Für eine zweidimensionale Bildaufnahme muss zur Inspektion eine Bewegung erfolgen: Entweder man bewegt das das aufzunehmende Objekt mit Hilfe eines Förderbands etc. ("Fax-Prinzip") oder man bewegt die Kamera über das stationäre Objekt ("Scanner-Prinzip").
Da das Bild in Y-Richtung aufgrund der Bewegung des Bandes entsteht, ist es wichtig, dass dies eine extrem gleichförmige Bewegung ist. Technisch lässt sich dieses jedoch kaum realisieren, so dass der Vorschub mit Hilfe eines Encoders synchronisiert wird, damit keine Bildverzerrungen entstehen.
Liegen einzelne Objekte auf einem Förderband, kann zusätzlich die Bildaufnahme getriggert erfolgen: Eine Lichtschranke gibt ein Signal an die Bilderfassungshardware. Erst jetzt werden Zeilen übertragen und es kann vermieden werden, dass sich das Prüfteil auf zwei eingezogene Bildblöcke verteilt.
Der Zeilensensor
Zur Bildaufnahme stehen als typische Sensorauflösungen mit 512 Pixel, 1K, 2K, 4K, 8k und 12K zur Auswahl. Die Pixelgrößen auf dem Sensor reichen von 5 x 5µm, 7 x 7 µm, 10µm x 10µm bis 14 x 14µm. Falls es möglich ist, sollte die Kamera möglichst große Pixel aufweisen. So hat ein 5µm großes Pixel eine lichtaktive Fläche von 25 µm2, ein 14mm großes Pixel jedoch 196mm2, also rund die 8-fache Fläche und damit die 8-fache Lichtempfindlichkeit. Da die Bildaufnahmezeit der einzelnen Zeilen oftmals nur einige µs betragen kann, ist Lichtempfindlichkeit für Zeilenkameras besonders wichtig.
Ab einer Auflösung von 2048 Pixeln hat der Sensor mit 14 µm großen Pixeln eine Linienlänge von rund 29 Millimetern: Der bei industriellen Flächenkameras oft verwendete C-Mount-Anschluss kann nicht mehr eingesetzt werden. Ab einer Linienlänge von mehr als 20 mm haben die Kameras einen M42-Anschluss oder Nikon-Bajonett, der auch F-Mount-Anschluss genannt wird.
Bei Zeilenlängen von 8K oder 12K Auflösung werden wieder zunehmend kleinere Pixelgrößen von z.B. 7µm verwendet, da ansonsten der Sensor nicht mehr mit Hilfe einer Optik mit M42 oder F-Mount-Anschluss belichtet werden könnte. Der nächstgrößere Standard wären Optiken für Mittelformat-Kameras, die extrem teuer wären.
Zur Steigerung der Lichtempfindlichkeit werden auch statt einer Einzelzeile auch Sensoren mit zwei oder mehreren Zeilen eingesetzt, die dann das Signal mehrerer Zeilen vertikal zusammenfassen können, ohne physikalische Auflösung wie bei einem horizontalen Binning zu verlieren.
Im Extremfall lassen sich mit so genannten TDI-Zeilenkameras (Time Delay Integration) bis zu 96 Zeilen zu einem einzelnen Gesamtsignal aufschalten, um so um das 96-fache empfindlicher zu sein. Da in diesem besonderen Fall die vielen Zeilen auch räumlich sehr weit voneinander liegen, muss die Bildaufnahme auf dem Sensor mit der Bewegung des Förderbandes und Prüfobjekts sehr genau synchronisiert werden, damit beide Lageverschiebungen auf Band und Sensor exakt übereinstimmen. Nur so lassen sich die Zeilen anschließend zusammensummieren, ohne dass Bildunschärfen auftreten.
Auslesen des Bildes
Das Auslesen des Zeilensensors erfolgt in sehr schnellen Abständen: eine Zeilenkamera mit 18 kHz Abtastfrequenz tut dies zum Beispiel 18.000 Mal pro Sekunde, also alle 55µs. Um die Daten aus dem Sensor zu bekommen, muss also sehr schnell digitalisiert werden: Bei einer Zeilenlänge von 2048 Pixeln ist dies eine Frequenz von 18 KHz x 2048 = 36 MHz. Um den Sensor bei noch höheren Datenraten auslesen zu können, wird der Sensor mehrkanalig ausgelesen:
In der Praxis werden so bis zu 8 Sensor-"Taps" angesprochen, um so zum Beispiel die Datenrate einer 12 Megapixel-Zeilenkamera mit bis zu 320 MHz aus dem Zeilensensor auszulesen.
Bildübertragung
Zur Bildübertragung für Zeilenkameras hat sich hauptsächlich die CameraLink-Schnittstelle durchgesetzt und damit die alte LVDS-Schnittstelle komplett abgelöst. Mit diesem Standard lassen sich bis zu 800 Megabyte pro Sekunde transportieren. Dazu wird ein eine CameraLink-Bilderfassungskarte benötigt, an der je nach Datenrate maximal eine Kamera in "Full-Konfiguration" oder zwei Kameras in "Base-Konfiguration" betrieben werden können. Wichtig ist, dass die Bilderfassungskarte auf die Bedürfnisse der Zeilenkamera (Bit-Tiefe, Anzahl der Sensor-Taps etc.) abgestimmt ist. Die Kabel sind genormt, jedoch gibt es auch hier wichtige Details, wie Verschraubung oder Verrastung der Stecker oder einfach die Qualität der Signalleitungen zu beachten. Kabellängen bis 10 Meter sind mit Kameralink-Kabeln problemlos möglich, danach müssen Repeater oder Glasfaser-Wandler eingesetzt werden.
Als neues, zweites Übertragungsmedium für Bandbreiten bis rund 80 MByte pro Sekunde gibt es heute bereits Zeilenkameras mit Gigabit Ethernet-Schnittstelle. Vorteile sind der Wegfall der Bilderfassungskarte und die langen Kabellängen, die mit preiswerten Ethernet-Netzwerkkabeln erreicht werden können. Das Gesamtsystem wird somit deutlich preiswerter.
Eine Besonderheit und Neuheit sind intelligente Zeilenkameras. Diese arbeiten meistens bis 12 bis 18KHz Zeilenfrequenz bei einer Auflösung von 1 bis 2K Zeilenlänge. Das Bild muss hierbei nicht mehr zwingend an einen PC übertragen werden, da es sofort im Gerät ausgewertet wird und nur Messergebnisse über die FastEthernet-Schnittstelle (100 MBit) und I/Os übertragen werden müssen. Der Umgang mit diesen Geräten ist auch für weniger ambitionierte Bildverarbeiter möglich, da die Komplexizität nicht so hoch und die Modularität der Komponenten (und Anzahl der Fehlerquellen) extrem eingeschränkt ist. Allerdings sind bei dieser Technologie deutliche Grenzen bei der Kamera-Auflösung und Software-Auswertung gesetzt, da die Rechenleistung im Vergleich zum PC deutlich geringer ist.
Bildauswertung in der Software
Doch was möchte man eigentlich übertragen und dann auswerten?
Scannen von festen Bildblöcken:
Man konfiguriert das BV-System so, dass immer eine fest eingestellte Anzahl von Zeilen eingelesen wird. Auf diese Weise lassen sich auch sehr lange Bildstreifen, z.B. mit 10.000 Zeilen Länge übertragen. Dieses sehr einfaches Verfahren hat jedoch auch Nachteile: während der Übertragung des Bildblockes kann noch nicht verarbeitet werden.
Eine Variation dieses Verfahrens ist es, das System mit einem Bild-Trigger zu versehen, um zum Beispiel vereinzelte Bauteile auf einem Förderband zu erfassen. Die Bildaufnahme der einzelnen Zeilen startet erst, wenn eine Lichtschranke von einem Bauteil getriggert wird. Auf diese Weise wird vermieden, dass ein Bauteil zufällig auf zwei Bildblöcke verteilt wird.
Scannen kontinuierlicher kleiner Bildbereiche:
Auch die Übertragung kleinerer Bildblöcke ist interessant. Kleine Segmente werden sofort übertragen und im Rechner zusammengefügt. So stehen dem Anwender schneller Bildinformationen zur Verfügung, die bearbeitet werden können. Gerade bei Endlosmaterial, das komplett geprüft werden soll, kann so der Prozessor besser ausgelastet werden. Liegen Merkmale (zum Beispiel Lackfehler und Kratzer) zufälligerweise im Überlappungsbereich, könnten diese nur erschwert ausgewertet werden, weil sich die Information auf zwei Bilder verteilt. Dies kann der Programmierer beim Entwickeln der Applikation jedoch berücksichtigen und die Bildbereiche dynamisch verschieben.